Was die Raupe das Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling Laotse
2620 Straßhof - Niederösterreich
Rauchen ist keine Krankheit, aber es gibt viele Möglichkeiten um Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich aus der Abhängigkeit zu lösen.
Raucher werden heutzutage weltweit geächtet. Gerade so, als ob sie nur rauchen würden, um Nichtraucher zu ärgern. Sie werden erstaunlicher Weise nicht wie andere Symptomträger als Kranke bedauert - der von Medizinern und Politikern geschürte Volkszorn ist ihnen sicher, wo auch immer sie ihrem Laster frönen. Wenig verwunderlich also, dass kaum noch ein Raucher zu seiner Lust am Glimmstängel steht.
Die Mehrheit hat sich zu schuldbewussten Leisetretern gemausert, die (gebeugt unter der Beweislast medizinischer Statistik) hinter Mitleid heischenden Argumenten Schutz suchen, wie “…ich möchte ja aufhören, aber ich schaff' s nicht“. Mit diesem Eingeständnis der Abhängigkeit und Schwäche geben sich die immer militanter werdenden Nichtraucher allerdings nur noch begrenzt zufrieden.
Heiß begehrt und wild umstritten…
Bei etwas tiefer gehender Betrachtung erscheint dieses Szenario schon eigenartig - denn immerhin waren es Mediziner, die den ursprünglichen Erfolg des Tabaks mit “wissenschaftlichen Argumenten“ möglich machten. Als Panacea (Allheilmittel) hochstilisiert und in gelehrten Reden von Universitätskathedern empfohlen, wurde Tabak damals besonders gerne bei Lungenproblemen rezeptiert. Die Schüler des englischen Nobelinternats Eton zum Beispiel mussten aus medizinisch-prophylaktischen Gründen täglich unter Aufsicht Tabak inhalieren - derartige Verordnungen erscheinen uns heute fast wie üble Scherze.
Auf gesellschaftlicher Ebene setzte sich der Tabak ebenfalls rasant durch, schon allein auf Grund seines enormen Suchtpotenzials. Es heißt, er sei mit dem selben Schiff nach Europa gelangt wie die Kartoffel - deren Ausbreitung habe aber 100 Jahre länger gedauert. Wir brauchen aber längst nicht so weit zurück zu schauen, um auf gute Tabak-Zeiten zu stoßen. Noch nach dem 2. Weltkrieg war die Zigarette das begehrteste Zahlungsmittel. Und noch heute ist sie eine unübersehbare Steuereinnahme-Quelle aller modernen Industriestaaten. Eigenartig erscheint es schon, dass sich sowohl der österreichische wie auch der deutsche Gesundheitsminister so sehr ge-gen diese, neben dem Alkohol mit Abstand verbreitetste Droge auflehnt und auf jedem Päckchen oder Plakat eindringlich vor ihren Folgen warnt. Immerhin könnte er mit den Einnahmen aus der Tabaksteuer seinen gesamten Etat finanzieren. Es handelt sich also um eine in verschiedener Hinsicht “Staats-tragende“ Droge - verständlich, dass der ministerielle Protest auf den Plakaten optisch recht klein und bescheiden ausfällt.
Das eigentliche Problem geht aber beinahe unter. Denn es besteht ja nicht wirklich in der Bedrohung der Gesellschaft durch die Raucher, sondern in der Bedrohung der Raucher durch sich selbst. Rauchen ist eine Sucht mit erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Süchtigen. Und unter dem Aspekt aller Diagnosen, von Rauscherhusten bis Lungenkrebs, macht es genau so wenig Sinn, Raucher zu diskriminieren, wie es Sinn macht, Nierenkranke zu beschimpfen und des Feldes zu verweisen.
Ich huste dir was…
Jedes Krankheitsbild wird erst durch Deuten bedeutungsvoll - das gilt auch für den Raucher und die Vielfalt seiner Symptome. Natürlich entwickelt jeder Raucher sein individuelles, nur für ihn typisches Symptommuster - es lassen sich aber doch verschiedene allgemeine Tendenzen feststellen:
Das erste Rauchen beginnt mit einer Hustenreaktion. Ein Hustenstoß ist ein Abwehrversuch der Lunge, die sich gegen die eingeatmeten Rußpartikel wehrt und sie hustend wieder loswerden will. In Ausdrücken wie “jemandem etwas husten“, “bellender“ Husten oder “Reiz-Husten“ zeigt sich die Aggression, die hier mitschwingt. Werden die ersten Abwehrreaktionen überspielt, gewöhnt sich der Körper an die neue giftige Situation, und die Symptome treten erst einmal zurück. Die typische Raucher-Bronchitis mit ihrem morgendlichen Husten nimmt die Thematik aber später wieder auf und bringt symptomatische Ehrlichkeit ins Spiel: Der Tag wird aggressiv (hustend) begonnen, allerdings im Körper anstatt im Bewusstsein.
Der Schauplatz Lunge spiegelt aber auch noch eine andere Problemebene: Unsere Lunge ist für den Gasaustausch zuständig und ebenso für unsere Sprache, die durch Modulation des Ausatemstromes entsteht. Wir atmen alle die selbe Luft und sind so durch sie verbunden. Und im Körper verbindet das Atmen die linke mit der rechten Seite, oben mit unten, Bewusstes und Unbewusstes und ganz allgemein die beiden Seiten der Polarität: Ein und Aus. Und da jede “-itis“ für Entzündung steht, bedeutet die Bronchitis im übertragenen Sinn eine “Entzündung im Kommunikations-Bereich“. Das Abwehrsystem des Körpers führt Krieg gegen eingedrungene Angreifer (Erreger), es handelt sich also in diesem Fall um einen unbewussten und sich deshalb verkörpernden Konflikt, einen Krieg im Kommunikationsbereich.
Wie eiskalt ist dies Händchen…
Bei regelmäßigen Rauchern treten oft auch relativ bald Durchblutungsstörungen auf. Jede einzelne Zigarette senkt merkbar die Blutversorgung der Hände und Füße und überhaupt der Haut. Eine zur Begrüßung gereichte kalte Hand vermittelt, dass sie nicht “von Herzen kommt“ - die Hautgrenze ist gar nicht belebt, der Besitzer solcher Hände erscheint mit dem Teilen seiner Lebenskraft (seinem Blut) zurückhaltend. Derart Begrüßte spüren die Situation intuitiv und fühlen sich bei dieser Kontakt-Aufnahme weder warm angenommen, noch herzlich begrüßt. Mit kalten, unlebendigen Händen ist es darüber hinaus kaum möglich, sein Leben “in den Griff“ zu bekommen.
Kalte Füße sprechen ebenfalls von einem Kontaktproblem - von der kalten Angst. Wer in entscheidenden Momenten kalte Füße bekommt, versäumt Wesentliches, seine Verbindung zur Basis ist nicht vital, sein Kontakt zu Mutter Erde kein lebendiger. Im übertragenen Sinn hat solch ein Mensch seinen Platz im Leben noch nicht gefunden, sonst könnte er Wurzeln schlagen. Solche ersten Anzeichen von Durchblutungsstörungen sind symbolisch überaus verräterisch, medizinisch dagegen noch harmlos. Spätere sind es nicht mehr. Wenig Verhaltensweisen fördern die allgemeine Verkalkung bzw. Arteriosklerose so stark, wie das Rauchen. Gefäßverschlüsse der Beine machen deutlich, dass hier jemand nicht mehr vorwärts kommt. Aufstiege werden zur Qual und wenige Stufen zu unüberwindlichen Hindernissen. Die Medizin spricht von “Claudicatio intermittens“, der zwischenzeitlichen Lahmheit, bei der die Betroffenen alle paar Meter stehen bleiben müssen (Schaufenster-Krankheit).
Fortgeschrittenere Ausprägungen der Arteriosklerose machen das Problem noch deutlicher: Beim Raucherbein verfault man tatsächlich (beginnend am Fuß) bei lebendigem Leibe. Das Bein als Organ der äußeren Fortbewegung und Kommunikation fällt buchstäblich stückweise ab. Beim weniger bekannten (aber kaum weniger schrecklichen) Raucherpenis verlässt einen dieses Glied auf die selbe anrüchige Weise. Dass die sexuelle Kommunikation schon lange vorher behindert ist, versteht sich von selbst - vor allem wenn man bedenkt, dass außer exzessivem Alkoholgenuss nichts so impotent macht, wie das Rauchen. Die Tatsache, dass 60% der Raucher mit Potenzproblemen geschlagen sind, kontrastiert eindrucksvoll zu jener vollmundigen Werbung, die extra-starke Zigaretten für extra-starke Männer empfiehlt. In Wirklichkeit richtet sich derartige Propaganda wohl eher an Schlappschwänze oder solche, die es werden müssen.
Wenn einem das Herz bricht…
Bei der Angina pectoris, der Enge der Brust (eine Vorstufe des Herzinfarktes), zeigt sich die Unfähigkeit, genug Lebenskraft bzw. Blut ins eigene Herz zu lenken - und damit eine große Angst (lat. angustus = eng) vor den eigenen Herzensangelegenheiten. Der Infarkt treibt die Symbolik auf die Spitze - denn hier wird die eigene Lebensmitte, das Herz, von den verengten Versorgungswegen stranguliert und stirbt ganz oder in Teilen ab. Der Körper demonstriert den Betroffenen auf die schmerzhafteste Weise, dass sie ihr Herz und mit ihm die Herzensthemen verhungern lassen. Der Schmerz des manchmal wirklich brechenden Herzens zieht die ganze Aufmerksamkeit zur eigenen Lebensmitte, und die Betroffenen wie auch das Heer der medizinischen Fachleute kümmern sich nun ausschließlich um dieses Zentrum. Die Verbindung zur eigenen Mitte rückt wenigstens auf der unerlösten medizinischen Ebene in den Mittelpunkt.
Andere Raucher-Symptome beleuchten in ihrer Symbolsprache andere Facetten des selben Problems: Beim Lungenkrebs etwa entartet das für den Gasaustausch zuständige Gewebe, und die Kommunikationswege des Kontaktorgans Lunge wuchern zu. Beim Kehlkopfkrebs fangen die Stimmbänder an, bösartig zu wuchern und machen sprachliche Äußerungen zuerst schwierig, später unmöglich. Zusammengenommen zielen die meisten Symptome des Rauchens auf das Thema Kommunikation und im Zusammenhang damit auf Angst und Abhängigkeit. Letztere ist die unerlöste Seite von Verbundenheit und Beziehung. Dass es sich beim Rauchen um eine Abhängigkeit mit allen Anzeichen der Sucht handelt, ist heute unbestritten. Hinter jeder Sucht aber lassen sich Aspekte von Flucht entdecken und noch weiter dahinter verbergen sich, oft tief ins Unbewusste abge-rutscht, Spuren der Suche.
Sucht hat viele Gesichter…
Das Hauptthema Kommunikation mit seinen Anhängseln Angst und Suche prägt und inspiriert natürlich auch die Werbekampagnen der Tabakindustrie. Während die Symptome in ihrer schmerzhaften, aber ehrlichen Art zeigen, was den Betroffenen fehlt, führen uns dies die Werbestrategen in lichten Bildern vor Augen:
Den Marlboro-Anhängern fehlt offensichtlich der Heldenmut jener Cowboys, die sich aus eigener Kraft im paradiesisch unberührten und so harten Marlboro-Country durchschlagen. Sie haben weder ihre Triebe zwischen den Schenkeln (symbolisiert in den starken Pferden) unter Kontrolle, noch können sie ihre Energien so frei und ungebunden fließen lassen. Die Camel-Fans hätten ebenfalls gern den Abenteuermut ihrer Leitfigur. Auch sie würden wohl gern meilenweit gehen, um richtige Männer zu werden - oder Frauen, die zumindest ihren Mann stehen. Die Lord Extras wären gerne etwas Besonderes und hätten wahrscheinlich auch gern so wunderbar schöne und interessante Model-Menschen um sich, mit denen sie auf ihrer Yacht im Hafen von St. Tropez die Kommunikation pflegen. Allein - bis die Zeit dereinst einmal reif für solche Träume ist, nehmen sie mit den Luft- und Wolkenschlössern der einschlägigen Marke vorlieb.
Anstatt auf die Tabakwerbung zu schimpfen, könnte man sie also genauso begrüßen und benutzen, um den jeweiligen Rauchertyp und sein Thema zu durchschauen und zu deuten. Eine bessere Karikatur kann es kaum geben - und auch keine bessere Möglichkeit, ehrlich zu werden. Wer es geschafft hat, etwas ganz Besonderes aus sich und seinem Leben zu machen, der kann leicht von Lord Extra lassen und braucht sich auch nicht John-Player-Special auf sein Auto zu malen. Wer unübersehbar von Kopf bis Fuß auf seine eigene Weiblichkeit setzen kann, braucht das Thema nicht durch den wenig geheimnisvollen Rauch einer Zigarette namens Eve zu unterstreichen - superschlanke und kapriziöse Frauen können auf superslime Zigaretten verzichten, wie auch auf solche der Marke Caprice. Wessen Leben vor Originalität nur so strotzt, der mag vielleicht die HB- und West-Werbung genießen, die entsprechenden Zigaretten wird er kaum rauchen… Denn Rauchen ist weder originell noch witzig. In Wahrheit ist es ein Ventil für den Frust von Hinz und Kunz. Wirklich kreative, besondere und originelle Menschen suchen und finden erlöstere Mittel des Selbstausdrucks.
Hast du mal Feuer?…
Wie alle Krankheitsbilder bergen auch die Symptome der Raucher bereits Lösungsansätze in sich. Zigaretten können helfen, Kommunikationsprobleme anzugehen. Wie niemandem sonst ist es Rauchern gestattet, wildfremde Menschen (und sogar solche vom anderen Geschlecht) anzusprechen und um ihr Feuer zu bitten. Ein Nichtraucher dürfte sich dergleichen niemals erlauben. Solange sie ihre Zigaretten dabei haben oder zumindest erwähnen, können sich Raucher beim Anbandeln auf die frechste Art Halt suchen. Selbst wenn der angesprochene Partner weder mit Feuer noch Rauch aushelfen kann, wird er sich höflich entschuldigen - und das Gespräch ist eröffnet. Raucher können also Solidarität bei der Ausübung ihrer Sucht erwarten. Kaum ein Gefragter wird sich abweisend zeigen, etwa so nach dem Motto: “Entfernen Sie sich, ich leide nicht an Ihrer Krankheit!“
Eine Chance für alle Betroffenen, die Raucher und auch jene, die sich von ihnen betroffen fühlen, läge in der Mitte zwischen übertriebener Solidarität mit krankhafter Sucht und einer Diskriminierung, die auch sonst kein Kranker erdulden muss.
Wer sein eigenes Rauchmuster durchschaut hat, wird dieses Laster ungleich leichter aufgeben. Aus meinen Erfahrungen mit der Krankheitsbilder-Psychotherapie ist ein Programm entstanden, das schon vielen Rauchern den Übergang in rauchfreie Zeiten schmackhaft machte und sie auf diesem Weg begleitete. Rückfälle werden auch dann geringer, wenn assoziierte Themen (wie etwa die Gewichts-Problematik) gleich mit behandelt werden. Diesbezüglich kann man sich ebenso in eigener Regie in Psychotherapie nehmen.
Autor: Dr. Rüdiger Dahlke
studierte in München Medizin und bildete sich weiter zum Arzt für Naturheilweisen und zum Physiotherapeuten, leitet heute gemeinsam mit seiner Frau Margit das Heil-Kunde-Zentrum Johanniskirchen, Autor zahlreicher Bücher, hält laufend Vorträge, Seminare, Fastenkurse und Ausbildungen.
weitere Infos: www.dahlke.at
Literatur zum Thema von Ruediger Dahlke:
Rauchen - Buch und CD
(Goldmann-Verlag, Reihe Arkana)
Mein Idealgewicht - Buch und 3 CDs
(Goldmann-Verlag, Reihe Arkana)
Die Psychologie des blauen Dunstes
(Verlag Knaur TB)
Krankheit als Symbol (Bertelsmann)
Infos zu Seminaren & Vorträgen:
Ö: Heil-Kunde-Institut Graz, A-8151 Hitzendorf, Tel.: 0316 - 71 98 88 - 5 Fax: -6;
D: Heil-Kunde-Zentrum
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