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Eine Erfolgsgeschichte über die Globalisierung am Beispiel des braunen Zuckerwassers Coca-Cola.
Eine Coca-Cola-Flasche fällt vom Himmel in ein afrikanisches Dorf. Sie wirbelt gewachsene Strukturen durcheinander. Die auftretenden Konflikte bedrohen das Überleben der Dorfgemeinschaft. Die Szene aus dem Kultfilm „Die Götter müssen verrückt sein“ hat geradezu Symbolcharakter für die globale Cola-Kolonisierung.
Aus der Feder der Werbestrategen im Haus der „Mutter aller Softdrinks“ liest sich das so: „Die Erfolgsgeschichte von Coca-Cola ist genauso einmalig, wie die Wechselbeziehung dieser Marke zu Politik, Gesellschaft und Kultur.“
Täglich fließen mehr als eine Milliarde Coca-Cola-Getränke die Kehlen hinab. Von Alaska bis Feuerland, von Paris bis Peking, von Kapstadt bis Marrakesch, überall auf der Welt. Coca-Cola ist der globale Markenartikel schlechthin. Nach einer Studie der Harvard Business School ist „Coca-Cola“ heute nach „okay“ das bekannteste Wort der Erde. Welches entfernteste Eiland man auch betritt, die braune Brause ist schon da.
US-Soldaten gelten als die idealen Werbeträger für die globale Verbreitung der „Flasche der Freiheit“. Ob in Vietnam, im Kongo oder in Honduras, Coca-Cola stärkte stets die Moral der Truppe. Der zweite Weltkrieg war für Coca-Cola nach eigenen Angaben „ein Glücksfall“.
Kaum zu glauben, dass der Ausgangspunkt dieses Siegeszuges ein kleines, einfach eingerichtetes Labor in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia war. Dort rührte der Quacksalber John S. Pemperton im Jahre 1886 einen Sirup, der gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit helfen sollte. So die offizielle Version. Es ging dem drogenabhängigen Mediziner jedoch um ein Mittel, das ihn von der Sucht befreien sollte.
Entstanden ist daraus aber ein Getränk, das eine ganz andere Sucht erzeugt: die Sucht nach Süßem, die Sucht nach Zucker.
Wer würde schon in ein 0,33 Liter Glas Flüssigkeit zwölf Stück Würfelzucker geben, umrühren und trinken? Niemand, es sei denn in Form von Coca-Cola.
Im Katalog einer Coca-Cola-Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte heißt es treffend: „So haben Menschen der unterschiedlichsten Kulturen, Religionen und Gesellschaften eines gemeinsam: sie trinken alle Coca-Cola.“ Neben dem Foto einer leeren Cola-Dose auf der Chinesischen Mauer steht geschrieben: „Ob auf dem Mount Everest oder in der Kalahari-Wüste, im atomgetriebenen U-Boot oder im Space Shuttle, wo immer Menschen Grenzen hinter sich lassen –Coke war und ist dabei, hat eine universelle Gültigkeit.“
Coca-Cola gibt es tatsächlich überall auf der Welt, selbst in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, die für Millionen Menschen kein sauberes Trinkwasser bereitstellen können. Und wenn es noch eines Beweises bedürfte, so sind es die roten Punkte in der Landschaft: Der weltweite Büchsenmüll, nicht nur auf der chinesischen Mauer.
Wer das fast religiöse Sendungsbewusstsein der Cola-Leute verstehen will, der sollte das Coca-Cola Museum in Atlanta besuchen. Der Rundgang beginnt mit einem Film, mit wunderschöner Musik und Menschen aller Hautfarben, jedes Aussehens aus der ganzen Welt trinken Coke. Der Ethnologe Sidney Mintz schildert seine Eindrücke so: „Eskimos, Zulus, die ganze Welt hebt beinahe ab. Es ist eine Art Fleischwerdung des Geistes von Coke.“ Mintz sieht in dem Streifen „all die Assoziationen von Heilung, Stärkung, Erfrischung, guter Kameradschaft, Freundschaft.“ Und folgende Botschaft kam bei ihm unmissverständlich an: „Wenn die Menschen beieinander sind, sind sie glücklich. Wenn sie glücklich sind, trinken sie Coke. Und wenn sie Coke trinken, sind sie glücklich und sie sind beieinander.“
Der Ethnologe sieht in dem Museum „einen Tempel, eine Synagoge, eine Kirche des Konsums“. Und er vergleicht die Pilgerstätte der Konsumisten mit einer Art Medizinerbeutel der Indianer. Da diese in einem solchen Beutel geheiligte Gegenstände als Ausdruck ihrer Identität als Volk mit sich führen. Für ihn ist „in gewisser Weise das Coke-Museum wie ein solcher Medizinbeutel.“
Noch direkter formulierte ein Vorstandsvorsitzender während einer Hauptversammlung der Coca-Cola-Company in Atlanta die Firmenphilosophie: „Hier und heute in den Vereinigten Staaten trinken die Menschen mehr Soft-Drinks als jede andere Flüssigkeit, einschließlich gewöhnliches Leitungswasser. Wenn wir unsere Chance voll ausnützen, werden wir eines Tages, und zwar bald in diesem zweiten Jahrhundert unseres Bestehens, erleben, dass die gleiche Welle Markt für Markt erfasst, bis schließlich das Getränk Nr.1 auf Erden nicht Tee oder Kaffee oder Wein oder Bier sein wird, sondern Soft-Drinks, unsere Soft-Drinks.“
Dieser Kampf um die Kehlen der Menschen tobt weiter, und zwar mittlerweile überall auf der Welt. Es sieht fast so aus, als ginge es bei Getränken nur noch um die Wahl zwischen Pepsi und Coke. „Sie mögen das für eine wirkliche Wahl halten. Ich meine aber, solange sie kein anderes Getränk wählen können oder einfach Wasser oder gar nichts trinken, haben sie keine sinnvolle Wahl.“ So sieht es der Politikwissenschaftler Benjamin Barber.
In Mexiko verwenden Schamanen sogar Coca-Cola für Reinigungszeremonien, in Kenia bekommen Babys mit Coke das vermeintlich Beste in die Säuglingsflasche, und in China verweigern die Kids die traditionellen Teezeremonien, um mit Coca-Cola die „Yankee-Kultur“ einzusaugen.
Barber analysierte sehr treffend die Marktstellung der beiden großen Konzerne aus der Soft-Drink-Branche: „Wenn wir über die weltweite Macht multinationaler Konzerne wie Pepsi und Coca-Cola sprechen, sind wir versucht, in politischen Begriffen zu denken, so, als ob sie nur wenig Macht hätten, denn wie viele Panzer hat schon Coca-Cola, wie viele Divisionen Pepsi? Heutige Macht bemisst sich aber nicht in militärischen Kategorien, sondern in sanften Formen, in der Fähigkeit, Kulturen zu beeinflussen, menschliche Psychologie und menschliche Bedürfnisse zu manipulieren, Märkte zu beherrschen.“
Und dies ist vor allem Coca-Cola hervorragend gelungen, allein ihre Getränke werden täglich schon mehr als eine Milliarde Mal getrunken.
„Wo Sport ist, ist Coca-Cola“, heißt es in der Werbung, „zwischen Coca-Cola und Sport besteht eine gewachsene, eine besondere Beziehung.“ Das demonstrierte der Konzern mit einer noch nie da gewesenen Werbeorgie bei den Olympischen Spielen im Jahre 1996 in Atlanta. Dieses „Heimspiel“ kostete Coca-Cola 300 Millionen Dollar, die sich bezahlt machten. Im olympischen Jahr erzielte der Konzern zwölf Milliarden Dollar Bruttogewinn, der Aktienwert stieg um 40 Prozent. Pepsi war endgültig abgeschlagen. Weltweit verkaufte Coca-Cola mehr als doppelt so viel wie Pepsi.
Doch Coca-Colas unstillbarer Durst ist noch immer nicht gelöscht. Es leben auf der Erde noch drei Milliarden Menschen, die lieber Kaffee, Tee oder auch nur Wasser trinken. Die Coca-Cola-Company wird auch in Zukunft hart daran arbeiten, das zu ändern.
Da drängt sich die Frage auf, wie wir einer solchen Weltherrschaft des Brausegiganten entgehen können. Eine Anregung gibt uns der eingangs erwähnte Film „Die Götter müssen verrückt sein“. Er endet damit, dass die vom Himmel gefallene Cola-Flasche begraben wird, und somit in das afrikanische Dorf wieder Frieden einkehrt.
Autor: Siegfried-Pater
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