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Ein ungestörtes Leben trotz Tinnitus Artikel

Ein ungestörtes Leben trotz Tinnitus

Die Ohrenkrankheit Tinnitus verursacht durch Stress breitet sich wie ein Schreckgespenst  in den letzten Jahren in allen Gesellschaftsschichten aus.

Im Jahr 1995 nahm der HNO-Arzt Dr. Philipps wöchentlich bis zu acht neue Patienten mit Tinnitus in seiner Praxis auf. Die Diagnose breitet sich wie ein „Schreckgespenst“ in den letzten Jahren in Deutschland aus. Betroffen sind aber nicht nur überlastete Hausfrauen, die oft im Spagat zwischen Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen, Ehemännern und eigenen Bedürfnissen leben, sondern auch gestresste Arbeitnehmer.

 

 

Also eine Krankheit, die man in allen Gesellschaftsschichten und allen Berufen finden kann.

Von leisen Dauergeräuschen, etwa in der Art eines Bienensummens, bis hin zu einigen Stunden Baustellenlärm im Kopf reichen die beschriebenen akustischen Belästigungen der Betroffenen. Wenn auch die Art der störenden Geräusche oftmals sehr voneinander abweichen und die Dauer der akustischen Plage sehr unterschiedlich ist, gibt es doch eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die nahezu alle Patienten kennen: Die Lebensqualität ist gemindert, die Freude am Leben sehr eingeschränkt, Sozialkontakte werden oftmals als anstrengend erlebt, und die fehlenden Ruhephasen belasten den Gesundheitszustand und das Allgemeinbefinden merklich. Der Alltag und dessen Gestaltung richtet sich nach dem Vorhandensein des Geräusches.

Dr. Philipps wünschte sich endlich eine Therapieform, die „funktioniert“, die seine medizinische Behandlung ergänzt und den Patienten aus seiner Hilflosigkeit herausführt. Maria Holl, Heilpraktikerin und Psychotherapeutin aus Aachen, hörte von diesem Wunsch durch eine befreundete Ärztin, die Patienten von Herrn Dr. Philipps als Psychotherapeutin behandelt. Sie entschied sich, diese neue Herausforderung anzunehmen. Während ihres Studiums hatte sie bereits mit Sinnesbehinderten - besonders Hörbehinderten - und Tauben gearbeitet.

Dr. Philipps beschrieb ihr die Symptome der Patienten und auch deren Lebensbesonderheiten:
Tinnitus-Betroffene sind Menschen, die ein stressreiches Leben führen und dieses durch Eigen-Stress erhöhen, da sie in der Regel zu Perfektionismus neigen. Sie sind ausgeprägt ordentlich und sozial engagiert. Die Betroffenen haben einen sehr hohen Leistungsanspruch und Schwierigkeiten, ihre persönlichen Grenzen zu wahren. Und genau an diesem Punkt setzt die von Maria Holl entwickelte Methode an.Sie hilft den Patienten, das Geräusch zu reduzieren, den Tinnitus als Stressbarometer anzunehmen und aus der Resignation des unheilbaren Tinnitus herauszukommen.

Asiatisches Wissen als Grundbaustein

Nach der chinesischen Medizin ist der Tinnitus keine Ohrenkrankheit, sondern eine Störung der aus dem Gleichgewicht geratenen inneren Organe. Hiernach wissen wir, dass vor allem Stauungen des Gallen-Blasen-Meridians, des Nieren-Meridians und des Leber-Meridians zu Tinnitus führen. Der Patient lernt, die entsprechenden Meridianpunkte aufzufinden und diese wie beim Jin-Shin-Do miteinander zu verbinden. So lernt er den speziellen Auslöser „seines“ Tinnitus´ zu finden. Es werden sowohl Muskeln als auch Akupressurpunkte massiert, die speziell mit dem Tinnitus in Verbindung stehen.

Fünf Minuten tägliches Üben hilft.

Die Übungen sind leicht zu erlernen, und der Patient ist nach kurzer Zeit in der Lage, selbst Übungen aus ihrem Ratgeber bzw. dem Kurs auszuwählen. Überall und jederzeit, völlig ohne Hilfsmittel können sie durchgeführt werden. Alles, was man dazu braucht, trägt man in sich bzw. ist sowieso überall vorhanden, wie zum Beispiel ein Türrahmen zum Massieren des Rückens. Was sind das nun für Übungen, die scheinbar so etwas wie „Wunder“ wirken?


Das Geheimnis liegt in der Kombination

Maria Holl hat gleich vier Bausteine zusammengeführt, um dem lästigen Tinnitus zu begegnen:

1. Sie selbst war 14 Jahre Schülerin von Hetty Draayer, die als Niederländerin im Vielvölkerstaat Indonesien aufgewachsen ist. Bei ihr erlernte sie eine besondere Art der Meditation, die auf geniale Art westliches und östliches Wissen verbindet. Die inneren Übungen der taoistischen Medizin sind drei- bis fünftausend Jahre alt und stammen aus der Zeit der chinesischen gelben Kaiser, die diese für die Selbstheilung der Menschen entwickelt haben. Ähnlich der von außen ansetzenden Akupunktur werden hier Punkte und Felder im Körper durch Einspüren von innen stimuliert. Körperinnenräume werden geöffnet, wahrgenommen und aktiviert.
2. Ein weiterer Bereich stammt aus der Bioenergetischen Analyse, die sich aus Gesprächen und Körperübungen zusammensetzt. Die Bioenergetische Analyse ist eine weiterentwickelte Form der Psychotherapie. Frau Holl ist zertifizierte Therapeutin des International Institute for Bioenergetic Analysis, Alexander Lowen, New York. Aus dieser Therapieform nutzt sie beispielsweise leichte körperliche Übungen, um den Körper zu mobilisieren und die Resignation zu lösen. Die Übungen führen aus der Hilflosigkeit in die Kraft und Selbstverantwortung zurück. Die Patienten lernen, wieder aktiv und freudvoll am Leben teilzunehmen.
3. Der wohl anschaulichste Aspekt der Therapie ist die Selbstmassage. Die Patienten lernen, wichtige Bereiche des Körpers zu massieren, die verspannt sind und die das Ohrgeräusch beeinflussen. Manchmal scheint dies sehr ungewöhnlich, wenn Maria Holl die sanfte Massage der Achillessehne als Grundübung propagiert, denn die Ohren liegen doch offensichtlich nicht am Fuß!? Aber wenn sie dann erklärt, dass bei Sportlern diese oft so schmerzende Sehne mit zu hohem Leistungsanspruch in Verbindung steht, klären sich die fragenden Gesichter schnell aufDas Prinzip der Übungen ist, die Übungen zu wiederholen, die einfach und leicht für den Patienten durchzuführen sind.

Durch langjährige Erfahrungen hat Maria Holl herausgefunden, dass Übungen, die der Patient gerne macht, in 80% hilfreich sind. Dadurch wird den Patienten erspart, die komplexen Systeme der Akupunktur und Akupressur erlernen zu müssen. Die Übungen stärken die Intuition und die „innnere Führung“ des Patienten.

4. Der vierte Baustein der Tinnitus-Atemtherapie wird bereits im Namen erwähnt: Die Atemtherapie. Der Atem wird bewusst wahrgenommen und ist mit allen Teilen der Übung eng verbunden. Bereits in der ersten Lektion wird die Konzentration auf den Atem gelenkt. Die Vorstellung einer „Atemschale“, die aus einer Handfläche gebildet wird, hilft, die Atembewegung zu vertiefen. Der Ausatemstrom wird von der nach oben geöffneten Handfläche an der Körpervorderseite begleitet. Nach nur wenigen Atemzügen kehrt eine wohltuende Ruhe in den Körper ein. Auch im Raum bei Gruppenübungen ist dies jedes Mal deutlich zu spüren.


Scheinbar banale Übungen, die zum Lachen animieren

„Lass Würfel aus den Füßen fallen.“ - so eine Anweisung aus dem Selbsthilfeprogramm. Dies scheint banal und hilft doch, denn das vegetative Nervensystem versteht keine Wörter, nur Bilder.
„Nun sehen Sie auf Ihre Zehen und stellen sich vor, dass sie zu wachsen beginnen.“ Wieder eine Anweisung, die lächerlich und überhaupt nicht viel versprechend klingt. Genau dies kommentiert Maria Holl selbst in ihrem Buch, um den Lesern zu zeigen: Es ist völlig normal, dass die Übungen auf den ersten Blick seltsam und albern wirken. (Lachen ist sowieso immer eine gute Ergänzung der Übungen, denn der leichtere Umgang mit dem Handicap hilft es zu besiegen.)

Außerdem beweisen die Erfahrungen in den Kursen der letzten Jahre das Gegenteil:

Beginnt der Patient frühzeitig nach Auftreten des Tinntitus mit den Übungen, stellt sich bereits nach drei Wochen bis drei Monaten eine Besserung ein. Bei chronischem Tinnitus hat sich bei acht von zehn Patienten nach sechs bis acht Monaten eine Linderung eingestellt. Es kommt ganz auf die Bereitschaft der Betroffenen an, sich mit den Übungen selbst Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken. Der „innere Heiler“ wird aktiviert. Dies bedeutet, dass jeder Mensch seine „innere Stimme“ hören kann, die hilft und unterstützt. Die Patienten lernen sehr schnell, welche Übungen gut für sie sind. Maria Holl autorisiert jeden Patienten, innerhalb kurzer Zeit selbst die Übungen zusammenzustellen, durch die Behauptung:

„Übungen, die mir Freude bereiten und mir immer wieder einfallen, sind die richtigen!“

Die Lebenskraft wird neu aktiviert.

Die Lebenskraft, auch als Chi bekannt, staut sich nach den Erkenntnissen von Maria Holl bei Tinnitus-Patienten zu sehr im Kopf-, Nacken- und Brustbereich. Dagegen befindet sich zu wenig Energie im Becken, den Beinen und den Füßen. Die Lebensenergie wird durch die Übungen gesammelt, harmonisiert und neu aktiviert. Viele Übungen richten daher ihre Aufmerksamkeit auf die Verbindung zur Erde. Die Füße und Fußgelenke werden gelockert, die Beine stampfen auf den Boden, die Zehen werden verlängert, unter den Füßen wachsen Pfahlwurzeln bis tief in die Erde u. ä. Alle Übungen sind sehr anschaulich und leicht nachvollziehbar.

Fallbeispiel

Ein junger Mann aus Erlangen, der einen schweren Stau des Gallen-Blasen-Meridians hatte, fand unter Anleitung in einer Therapiestunde die entsprechenden Gallenpunkte, die sich an den Ohren sowie an den Unterschenkeln befinden. Diese Punkte werden dann gleichzeitig akupressiert. Innerhalb weniger Sekunden sanken die grässlichen Töne ab, die ihn sonst sogar am Fernsehen hinderten. Dadurch wurde das Chi wieder heilend in seinen Fluss gebracht. Die vorherige Lockerung der Muskulatur durch Bewegung und Massage ist notwendig, damit die Energie durch das anschließende Drücken der Punkte wieder besser fließen kann. Verstärkt wird die Entspannug des Patienten und Harmonisierung des Chi´s (Körperenergie) durch die begleitenden Atemübungen.

Kombination mit anderen Methoden ist leicht und gut möglich.

Allein schon auf Grund der verschiedenen Aspekte, die in der von Maria Holl entwickelten Methode kombiniert werden, ist eine Ergänzung durch andere Praktiken durchaus sinnvoll. Einige (Entspannungs)-Techniken können parallel ausgeführt werden, wie beispielsweise Tai Chi oder Qi Gong, Yoga, Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Autogenes Training oder kinesiologische Übungen. Auch Akupunktur und Akupressur (Shiatsu) können die Heilung günstig beeinflussen. Die Zuwendung zu sich selbst ist immer der entscheidende Faktor und die an „sich selbst geschenkte Zeit“ die Grundlage für eine Erfolg versprechende Heilung.

Fazit

Seit 1995 leitet Maria Holl Tinnitus-Patienten zur selbstverantwortlichen Auseinandersetzung mit ihrer Krankheit an und bildet Therapeuten aus. Es ist für den Patienten ein leichtes, die Übungen in den Alltag zu integrieren. Der deutliche Erfolg, der in kurzer Zeit erreicht werden kann, bleibt ihm deutlich in Erinnerung.
Hans Knör, der Vorsitzende der Deutschen Tinnitus-Liga e.V. schreibt in der Novemberausgabe 2002 des Forums, dass der Ratgeber für Betroffene wie für Therapeuten gleichermaßen geeignet ist.

Form der Kurse und Möglichkeiten

1995 fanden die ersten Kurse im Zentrum für Gesundheitsförderung des Marienhospitals in Aachen statt. Mittlerweile gibt es einen Gesundheitsratgeber, der in 12, leicht verständlichen Lektionen, die teilweise durch erklärende Zeichnungen ergänzt sind, die Betroffenen in ein Selbsthilfeprogramm einführt. Eine Leserin schreibt dazu per email: „Was mich sehr gefreut hat ist, dass ich gleich zu Anfang einen deutlichen Erfolg verspüren konnte. Der Tinnitus war nach ein paar Wochen fast weg. Es macht mir immer wieder Spaß zu üben. Das Üben ist mittlerweile zu einem festen Bestandteil meines Lebens geworden.“

 

Die Kurse finden zur Zeit in Aachen, Düren und Würselen alle 14 Tage statt.
Die erste Ausbildungsgruppe zum zertifizierten Tinnitus-Atemtherapeuten begann im Mai 2003. Die zweite beginnt im März 2004. Es ist eine berufliche Zusatzausbildung die theoretisches Wissen vermittelt und praktische Übungen vorstellt. Die Auszubildenden lernen im Team und möchten das Wissen durch die Bundesrepublik weitertragen.

 


Autorin: Maria Holl
Tinnitus lindern. Vorbeugung, sanfte und nachhaltige Heilung: Ein Selbsthilfeprogramm; Jopp Oesch Verlag, 2002

weitere Infos: www.maria-holl.de 





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