dieses Haus ist ein vollkommenes Haus! Ich lebe in Harmonie und Gesundheit und genieße meinen Erfolg!
4150 Rohrbach-Berg - Oberösterreich
Forscher schlagen Alarm, denn Umweltgifte nehmen direkten Einfluss auf Krebs und andere Erkrankungen. Die Gesundheit der Bioatmosphäre ist nicht weniger wichtig - wir sollten uns auch dafür engagieren.
Krebs und die Lüge von der isolierten Gesundheit
Wie Industrie und Medien systematisch den Einfluss von Umweltgiften auf die Entstehung von Krankheiten verschleiern
von Geseko von Lüpke
Wir beobachten es schon seit geraumer Zeit: Krankheiten wie Allergien oder gar Krebs nehmen in unserer Gesellschaft dramatisch zu. Natürlich ist bekannt, dass unsere Umwelt Einfluss darauf nimmt. Aber allzu leicht führen wir in unserer Ohnmacht Krankheiten auf eigenes Verschulden durch Fehlernährung oder einfach auf »Schicksal« zurück. Industrieunternehmen weisen die Verantwortung von sich, die klassische Schulmedizin arbeitet ihnen zu und behandelt den menschlichen Körper wie eine Maschine, die repariert werden muss. Wir sind aber keine isolierten Organismen, sondern eingebunden in ein großes System, weiß der Tiefenökologe Geseko von Lüpke
Das Haus von Cindy Duehring ist hermetisch von der Umwelt des sanften Hügellandes von South Dakota abgeriegelt, die Luft wird durch starke Kohlefilter gepresst, bevor sie geatmet werden darf. Kühlschrank und Waschmaschine sind ebenso wie Bücher und Zeitschriften in einem extra gefilterten Trakt des Hauses untergebracht, um die Bewohnerin vor den Ausdünstungen aus Lebensmittelverpackungen, Waschmitteln und Druckerschwärze zu schützen. Die Böden sind kahl, denn Teppiche wären tödlich. Möbel aus Stahl, Tische aus Glas beherrschen das Ambiente. Selbst die Bettwäsche aus Baumwolle ist von einer dünnen Metallschicht überzogen. Ein künstliches Überlebenssystem, das mehr einer Eisernen Lunge gleicht als einer menschlichen Behausung. Wer die Forscherin in ihrer Eremitage besuchen will, muss Sicherheitsschleusen passieren, die selbst den Arbeitern in einer keimfreien Mikrochip-Firma absurd erscheinen würden. Denn: Wer ein Stück Natur in dieses Haus trägt, bringt den Tod.
Aber es war umsonst: Cindy Duehring, Trägerin des Alternativen Nobelpreises und Aktivistin gegen die schleichende Vergiftung der Umwelt durch Hunderttausende von Chemikalien, starb am 29. Juni 1999 an den Folgen von Pestiziden. Sie waren in der Nähe ihres Hauses auf die Felder gesprüht worden und hatten trotz zahlreicher Filtervorrichtungen die Atemluft ihres Hauses verseucht.
Erste Warnzeichen
Noch ist das Martyrium der Aktivistin, die an MCS, dem »Multiplen Chemikalien Syndrom« erkrankt war, die Ausnahme. Und doch macht es deutlich, wie verletzlich die Balance zwischen Mensch und Natur tatsächlich ist. Die gefährliche Krankheit breitet sich seit Jahren kontinuierlich aus, weil die Biosphäre an die Grenzen ihrer Belastbarkeit durch Schadstoffe kommt. MCS ist die Folge des höchst gefährlichen Zusammenspiels aus unterschiedlichsten Substanzen, welche die Schutzwälle des menschlichen Immunsystems durchlöchern können. In einer Art negativer Synergie entsteht dann aus vielen sonst angeblich harmlosen Substanzen ein hochgefährliches Zusammenspiel, das oft physikalisch kaum nachgewiesen werden kann. Die Krankheit gleicht dabei dem Zerfall von Ökosystemen, die auf Schäden auch erst mit enormer Verzögerung reagieren, dann aber in plötzlichen chaotischen Schüben ihre innere Stabilität verlieren. Fast scheint es, als ob die Natur der Menschheit mit dieser Krankheit einen Spiegel ihrer Naturvergessenheit und Abtrennung vor Augen hält – samt den katastrophalen Folgen einer schleichenden Vergiftung.
Der »Fall Duehring« zeigt, dass die alte Vorstellung von Gesundheit nicht mehr ausreicht. Wir müssen nicht nur die klassische d sein, erst recht nicht die industrielle Landwirtschaft, die Chemie-, Öl- oder Atomindustrie. Und wenn der »way of life« der modernen Zivilisation kein gesundheitliches Risiko darstellt, können wir im Prinzip so weiter machen wie bisher. Wenn es dementsprechend keinen Grund zur Vorsorge gibt, können sich Ärzte, Forscher und Pharmazeuten weiterhin eine goldene Nase verdienen am wachsenden Leiden der Menschen.
Doch die konventionelle Sicht der Dinge hat auch in der Krebsforschung Risse bekommen, denn sie kann nicht erklären, warum die Krebsfälle seit rund vierzig Jahren kontinuierlich zunehmen, obwohl Milliarden in die Forschung und die Früherkennung gesteckt werden. Die Vermutung konventioneller Mediziner, dies sei schlicht mit der durchschnittlich höheren Lebenserwartung zu begründen, konnte wissenschaftlich bislang nicht überzeugend belegt werden.
Forscher schlagen Alarm
Immer mehr Mediziner stellen die etablierten Argumente von Forschung und Industrie in Frage und beobachten die Entwicklung mit wachsender Sorge. »Es ist überhaupt keine Frage«, sagt der amerikanische Krebsforscher und Umweltmediziner Samuel Epstein, »dass wir uns mitten in einer Krebsepidemie befinden. In Amerika ist es so weit, dass einer von zwei Männern und eine von drei Frauen in ihrem Leben an Krebs erkranken. Lymphknotenkrebs und Prostatakrebs sind seit 1950 um 200% gestiegen, Gehirnkrebs bei Erwachsenen um 80%, Brustkrebs um 60%, Gehirn- und Nervenkrebs bei Kindern um 40 %. Jedes Jahr ging die Krebs-Rate insgesamt um mindestens 1% nach oben. Selbst Krebsarten, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben, sind um bis zu 300% gestiegen!«
Samuel Epstein, Träger des Alternativen Nobelpreises, versucht seit rund dreißig Jahren zu beweisen, dass die industrielle Wachstumsgesellschaft hauptschuldig ist an der stetig wachsenden Zahl von Krebstoten. Statt an den Auswirkungen eines krankmachenden Systems herumzudoktern, verlangt er, das System so zu verändern, dass es nicht länger Millionen von Todesopfern fordern muss. »Der wissenschaftlich eindeutig bewiesene Hauptgrund für die moderne Krebsepidemie«, erklärte er bei der Vergabe des Alternativen Nobelpreises im schwedischen Parlament, »ist die außer Kontrolle geratene industrielle Zivilisation. Unsere ganze Umwelt – Luft, Wasser, Arbeitsplätze, Konsumwaren und medizinische Produkte – ist in zunehmendem Maße mit einer ganzen Palette von Krebs erregenden industriellen Substanzen vergiftet worden. Dadurch wurde und wird die Bevölkerung ohne ihr Wissen von der Wiege bis zum Grab ständig einer vermeidbaren Gefährdung, an Krebs zu erkranken, ausgesetzt.«
Epstein begann zu recherchieren. Berühmt wurde sein »dreckiges Dutzend« an Produkten mit krebserzeugenden Stoffen: Hamburger, konventionelle Vollmilch aus der Viehzucht mit Hormoneinsatz, Kosmetikprodukte mit Talk, verschiedene Gesichtscremes, Zahnpasta, Haarwaschmittel und Haarfärbemittel, Putzmittel – besonders der Marke Ajax, Desinfektionssprays, Flohpulver für Hunde und Katzen. Epstein konnte nachweisen, dass ein Kind, das pro Monat ein Dutzend Hamburger isst, siebenmal eher Blutkrebs entwickelt und einem viermal höheren Risiko ausgesetzt ist, an Gehirnkrebs zu erkranken. Frauen, die ihre Genitalregion mit talkhaltigen Kosmetika pflegen, riskieren nach seinen Untersuchungen eine dreifach erhöhte Wahrscheinlichkeit Gebärmutterkrebs zu entwickeln. Sein bislang wohl größter Erfolg war das Urteil der Welthandelsorganisation, das den Exportstop der EU von amerikanischem und kanadischem Rindfleisch, das mit Krebs erregenden Sexualhormonen belastet war, 1998 für rechtens erklärte.
Unternehmen tragen Verantwortung
Die Kritik traf nicht nur ins Herz des wissenschaftlichen Establishments, sondern sie stellte den Mythos unserer Wohlstandsgesellschaft als Ganzes in Frage: Über das weit verbreitete Streben nach persönlichem Glück mittels materiellem Reichtum fiel plötzlich der Schatten des massenhaften Leidens und Sterbens. Die dunkle – und immer öfter tödliche – Seite des »Fortschritts« kam auf die Tagesordnung. Hat der Umweltmediziner Recht, dann würde das erste und grundlegende Menschenrecht, nämlich das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, tagtäglich tausendfach zugunsten von wirtschaftlichen Profiten gebrochen. Dem westlichen Modell drohte die Maske des Sieges an allen Fronten zu entgleiten. Epstein warf seinen Kollegen unverblümt vor, aus Gründen der Ignoranz oder Käuflichkeit an der völlig falschen Front zu kämpfen und rechnete ihnen akribisch vor, dass trotz ständig steigender Etats kaum Fortschritte im Kampf gegen den Krebs zu verzeichnen sind. Statt den Löwenanteil der Summen in die Behandlung und Kontrolle eines schon aufgetretenen Schadens zu investieren, forderte er von den beteiligten Instituten in aller Welt, mindestens 50 % ihres Etats in die Verhinderung von Krebserkrankungen zu stecken.
Die erste Verteidigungslinie dieses Krieges sieht er im absoluten Verbot der Zulassung von weiteren krebserzeugenden Produkten und Herstellungsprozessen. Ein solches generelles Vorsorgeprinzip würde die Industrie dazu verpflichten, die prinzipielle Verantwortung für die ökologische und gesundheitliche Unbedenklichkeit aller neuen Produkte zu übernehmen. In zweiter Linie, so Epstein, müsse alles getan werden, um die große Menge Krebs erregender Stoffe, die durch die chemische und ölverarbeitende Industrie bereits in die Umwelt gelangt sind, zu reduzieren, aus dem Verkehr zu nehmen und durch ungefährliche Materialien zu ersetzen. Von 80.000 zugelassenen chemischen Substanzen hat er rund 600 als Krebs erregend identifiziert. Viele, aber nicht zu viele, um sie aus dem Verkehr zu ziehen.
Internationale Regelungen sind unverzichtbar
Als dritten Punkt kämpft Samuel Epstein für ein kategorisches Recht der Verbraucher, über giftige und Krebs erregende Substanzen in Konsumprodukten und Grundnahrungsmitteln aufgeklärt zu werden. Weil sich die Hersteller in der Vergangenheit meist mit dem Hinweis auf Firmengeheimnisse und Patentrechte der Verantwortung entzogen hatten, engagiert er sich für internationale Regeln, die diesem Anspruch auf Vertraulichkeit enge juristische Grenzen setzen und die Unternehmen dazu verpflichten, vor jeder möglichen Gesundheitsgefährdung auf der Verpackung zu warnen. Ziel einer derartigen globalen Entgiftung des Alltags- und Wirtschaftslebens ist der eigenverantwortliche Gebrauch von gesunden Substanzen vom Hersteller bis zum Verbraucher. Bis es aber so weit ist, hält Samuel Epstein einen massiven Ausbau der Kontrollinstanzen für unverzichtbar. Langfristig führt für ihn kein Weg vorbei an dem Aufbau einer internationalen und unabhängigen Sicherheitsagentur, die wie ein Wachhund mit scharfen Zähnen den Gesundheitsschutz der Atmosphäre, des Bodens, des Wassers, der Industrie- und Nahrungsmittelproduktion kontrolliert, Vorwürfe prüft, Daten sammelt, Richtlinien entwickelt und regelmäßig die Öffentlichkeit informiert. Eine Organisation, die wie eine Kartellbehörde mit allen notwendigen Rechten und Mitteln ausgestattet wird, um Verstöße aufdecken, Entscheidungen zu treffen und Strafen durchzusetzen.
Die Umwelt – unser erweiterter Körper
Fraglos: An Lösungen und Ideen fehlt es nicht, um die tödliche Dynamik einer außer Kontrolle geratenen Gesellschaft abzubremsen und umzulenken. Mit zahlreichen Umweltgesetzen der letzten Jahre sind – gerade in Deutschland – schon erste Schritte in die richtige Richtung unternommen worden. Doch Samuel Epsteins breiter Ansatz zeigt, welche enormen Widerstände im gesamten Wirtschaftssystem zu überwinden sind, um die Bevölkerung aus den Scheren des Krebs zu befreien. Sein Engagement hat dazu geführt, dass die gefürchtete Krankheit heute nicht mehr nur als unausweichliche Tragödie erlebt wird, sondern immer öfter als Spiegel eines kranken und undemokratischen Systems. Die existentielle Abhängigkeit der ganzen Gesellschaft von der petrochemischen Industrie machte erst eine großflächige Vergiftung der Umwelt möglich, ohne dass das demokratische System mit seinen sozialen und juristischen Kontrollmechanismen die Krebsepidemie bremste. Nicht nur die Gesellschaft mit ihrem »Gesundheitssystem« steht deshalb vor enormen Herausforderungen: Auch jeder einzelne Mensch muss begreifen lernen, dass sein Organismus weit über die Grenzen seiner Haut hinaus in die Mitwelt hinein reicht. Wir müssen beginnen, uns für die Gesundheit der Biosphäre zu engagieren, weil sie nicht weniger ist als unser erweiterter Körper.
Dieser Artikel ist erschienen in der Connection-Ausgabe Jan./Feb. 2004
Herzlichen Dank an Connection, die uns immer mit interessanten Artikeln versorgt.
Autoren: Connection
weitere Infos: www.connection.de
Buchtipp:
Geseko von Lüpke: Die Alternative. Wege und Weltbild des Alternativen Nobelpreises. Riemann Verlag
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